Michael Meyers » Der erste Tag

„Ein Pony?“, fragte Stacy entsetzt unsere Chefin Maura und zog dabei beide Augenbrauen hoch. „Warum unbedingt ein Pony? Und ausgerechnet ich?“ Ich musste mir einen kleinen Auflacher echt verkneifen, es war zu ulkig. „Steht dir bestimmt nicht schlecht!“, ermunterte ich sie auf und verfiel nun in herzhaftes Lachen. Stacy blickte mich böse an und wandte sich dann wieder zu Maura. „Jetzt sei nicht so, Stacy. Ob du nun ein Pony ausbildest oder ein Pferd, da ist nicht wirklich ein Unterschied. Außerdem bist du schlank und nicht zu groß für ihn“, beschwichtigt Maura sie und hob abwehrend die Hände. Es ging um Mc Cheester DST, den wir nun in Ausbildung von dem Turnierstall De Sante bekommen hatten und bei uns in Springen weiter ausgebildet werden sollte. „Achja und Michael, du bekommst erst einmal kein festes Pferd in Ausbildung, da du ja noch ein Praktikum machst. Du teilst dir 2 Pferde mit Tobias und Jordan“, meinte Maura und ich war perplex. „Aber… Da kommen noch 2 Trakehner! Lass mich doch wenigsten einen von denen ausbilden!“, bettelte ich und schob eine Schmollmund. „Da gibt es keine Diskussion, du wolltest gerne noch ein Praktikum machen! Jetzt musst du damit auch leben. Du wirst bei dem Moorwiesen-Hengst Antinaro MW helfen. Tobias wird dir dabei helfen. Zudem wirst du Melody mitreiten und Jordan etwas zur Hand gehen.“ Was für ein Dreck… Dabei bin ich doch hier um Pferde zu reiten und auszubilden und nicht noch mit jemand vorher etwas abzusprechen, ob ich nun Reiten kann oder nicht. Ich wollte ein „eigenes“ Pferd haben und meine Trainingseinheiten einfach selber auswählen, aber so. „Hast du mich verstanden, Michi?“, fragte Maura mit hochgezogener Augenbraue und durchbohrte mich mit ihrem Blick. „Ja, hab ich.“ Dieses Mal war ich es nicht der sein Lachen verkneifen musste, sondern Stacy. „Tja, damit steht es 1:1 für uns beide“, frotzelte sie und streckte mir die Zunge raus. „Ach, halt doch deine Klappe!“, fuhr ich sie an und kassierte auch gleich einen zügel-dich-Blick von Maura. „Ist ja schon gut!“, murmelte ich in die Runde und warf noch einen bösen Blick zu Stacy. Doch diese schien es nicht mitbekommen zu haben, denn ihre Aufmerksamkeit galt ganz unserer Chefin, die gerade die restlichen Pferde verteilt.

Es war heute echt die Hölle los auf dem Hof, so kannte man es gar nicht. Der Zuchtstall Moorwiesen war der erste Transporter, der auf unseren Hof fuhr und uns Pferde zur Ausbildung brachte. Sie brachte auch gleich 5 Pferde mit und alle 5 sind Hengste, da kam ganz schon Trubel auf den Hof. Amys Dragon empfing die Neuankömmlinge auch gleich mit einem schrillen Wiehern. Dadurch war dann noch mehr Aufregung auf dem Hof und als gerade der Moorwiesen-Transport abgefahren war, kam auch schon ein Transporter den Rising Sun Stables mit einer Stute und einem Hengst an. Oh und Drago… Nun… Der war nun auch komplett aus dem Häuschen Er galoppierte auf seinem Graspaddock am Zaun entlang und wieherte so schrill, dass man bald Angst darum haben musste nicht Tinnitus zu bekommen. Zuletzt traf dann in den Abendstunden der Ponyhengst Mc Cheester DST ein.

„Da kann ich ja bald mitlaufen!“, entfuhr es entsetzt aus Stacys Mund und schaute gleich entschuldigend zu Soppy, die aber nur grinste und meinte: „Macht nichts. Sooo lange Beine hast du auch nicht und der kleine Mann ist stark genug dich zu tragen.“ Stacy nickte etwas zufriedener, jedoch warf sie dem Ponyhengst einen skeptischen Blick zu. „Okay. Wenn du meinst, dann werde ich es wohl schaffen.“ Damit nahm sie Soppy den Strick aus der Hand und führte den Schimmel in seine Box. Ich schaute ihr kurz nach, bevor ich ihr folgte. Jedoch wurde ich nach meinem zweiten Schritt Richtung Stall zurückgepfiffen und wurde dazu verdonnert Dragon reinzuholen, bevor dieser doch noch durch den Zaun ging. Etwas genervt rollte ich die Augen und ging zu dem braunen PRE hin. „Alter, du bist ein Wallach! Was führst du dich denn nun so auf?“, fragte ich ihn und griff in das Halfter des aufgeregten PRE’s. „Das solltest du ihm mal lieber genauer erklären, schließlich bist du ja noch ein ganzer Mann… Oder nicht?“, fragte mich eine zierliche Stimme und ich klickte den Führstrick ins Halfter ein, bevor ich mich nach Elena umdrehte. „Ich glaube, dass solltest du lieber mir überlassen was ich bin oder nicht“, gab ich zurück und führte den Wallach vom Paddock. Was ging es sie denn an? Sie ist doch erst 14 Jahre alt! Und außerdem, was soll denn so eine sichtlich überflüssige Frage? „Hmm.. ok.“ Elena lief sofort rot an und schaute betreten zu Boden. „Ich bring nun Dragon rein“, meinte ich nur plump und führte den Wallach in den Stall, der mittlerweile wild mit dem Kopf schlug und tänzelte.

Im Stall war es kühl und es roch nach frischem Heu. Ich nahm einen großen Zug Luft und nahm in der Box von Dragon, sein Halfter ab. Die Pferde wieherten ab und an noch einmal schrill und quietschten um die Wette, aber ich wusste, dass auch dies bald ein Ende haben wird, um dann nochmal von vorne anzufangen. Ich schlenderte die Stallung hinunter und blieb schließlich vor einen schicken Schimmel stehen. Atinaro MW stand groß auf der Boxentafel und ich musterte den Hengst genauer. Ein wohl proportionierter Hengst stand vor mir und schien sogar nach der langen Fahrt noch recht fit zu sein. Der Schimmel streckte die Nase vorsichtig über die Tür und ich strich dem Hengst über die Nase. Dieser zog sich schnell wieder zurück und schaute mich durch weite Augen an. „Na, du bist ja einer. Mal sehen, wie du dich so anstellst.“ „Kommst du nun mit was essen? Schließlich hat Maura gekocht und du weißt, was sie von Pünktlichkeit hält“, meinte Elena, die mir anscheinend gefolgt hatte und nun direkt vor mir stand. „Ja, ich komme sofort.“ „Wie wäre es mit jetzt?“ Die 14-Jährige schnellte nach vorne und griff nach meiner Hand. „Nun komm mit!“ Sie zog mich von dem Trakehner weg, der noch vor kurzem meine komplette Aufmerksamkeit hatte. Ohh… Wann kapiert dieses Mädel endlich, dass ich nichts von ihr will und dass sie mir auch viel zu jung wäre und sich immer so kindisch benimmt. Ich rollte abermals meine Augen und lies mich mit ins Haupthaus ziehen.

„Ich wusste gar nicht, dass du eine Freundin hast!“, stichelte Stacy am Abendessen und funkelte mich herausfordernd an. „Hat er auch nicht! Jedenfalls noch nicht!“, bemerkte Elena und funkelte Stacy böse an. Ich dagegen, kassierte ein zuckersüßes Lächeln und ein Augenklimpern. Wenn das ein Ende hat, dann mach ich drei Kreuze im Kalender! Stacy fand natürlich diese Antwort zum Brüllen und fiel dabei fast vom Stuhl. Dafür kassierte sie gleich den zweiten bösen Blick, dieses Mal aber von mir. „Nein, ich habe keine Freundin und werde es auch erst einmal so lassen. Ich bin gerne ein Single!“, gab ich von mir und erntete verblüffende Blicke. “Vielleicht ist ja auf dem Sternhof ein hübsches Mädel, was dir gefällt“, deutete Stacy in einem verführerischen Ton an und schenkte mir ein Augenklimpern. „Ach, nun hört endlich auf mich zu nerven mit diesem blöden Thema!“, bellte ich wütend in die Runde. „Also ich hab gehört, da sollen einige hübsche Mädels rumlaufen, vielleicht findest du dort ja die Richtige“, meinte Steffen von der Seite und schenkte mir ein allwissendes Lächeln. „1:2 für mich“, krächzte Stacy in die Runde, bevor sie sich zusammenriss. „Nun reicht es aber so langsam! Lasst doch den armen Michi in Ruhe und bringt euer Liebesleben mal in Gang!“, kam es laut und deutlich vom anderen Ende des Tisches und sofort würde das Thema gewechselt. Danke, Maura, danke. Aber vielleicht hatte Steffen da nicht so Unrecht? Obwohl Stacy war ja auch recht hübsch, aber so der richtige Funken war da noch nie wirklich gewesen und wird es wohl nie werden. Wir sind Freunde…Naja, auch irgendwie nicht. Ach egal.