Stacy Martin » Erstes Turnier und erstes Gefühlschaos

„Elena, nun hör auf zu nerven!“, fuhr ich die Halbwüchsige an, die mich mit Fragen um 4 Uhr morgens nervte und wickelte den Rest der Bandage um den Schweif von Walküre. Der Braune war sehr gelassen heute Morgen und lies so Einiges über sich ergehen, auch das Ziehen als Elena recht unsanft seine Mähne einflechtet, um sie nur darauf wieder aufzureißen, da es ihr nicht mit den Knäulen gefiel. Nachdem sie nun das zweite Mal den armen Wallach quälte, der eine Engelsgeduld bewies, nahm ich ihr den Kamm aus der Hand und die Zopfgummis. „Kümmer dich nun endlich um die Transportgamaschen und pack eine Abschwitzdecke und Fliegendecke ein. Das Wetter ist momentan echt komisch“, sagte ich zu ihr und warf ihr einen flüchtigen Blick zu. „Zügig?!“ „Ja, ist ja schon gut“, patzte sie zurück und drehte sich schnell um, um hoffentlich alles zu erledigen, denn manchmal blieb auch bei ihr etwas auf der Strecke. Vor allem wenn unser Michi ihr dazwischen funkte. Aber dieser führte gerade Dragon den Gang hinunter und band ihn neben Walküre an. „Na, wieder auf Brautschau?“, blaffte ich ihn an, nachdem ich ihn kurz musterte und feststellen musste, dass er gar nicht mal so schlecht aussah. Denn er sah verdammt gut aus, auch in seinen Reitklamotten, aber in der Jeans hatte er echt einen guten…. „Problem damit, Kleines?“, schnellte es von ihm zurück und riss mich aus meinen Gedanken. „Mir tun ab und an die Mädels leid“, maulte ich und knabberte auf meiner Lippe herum. „Leute, müsst ihr euch immer versuchen auszuspielen?“, fragte Maura recht gestresst und musterte mich und Michael nacheinander. „Wie weit seit ihr?“ „Ach. Wir sind bald fertig. Ich mach noch eben die Mähne und dann können wir los“, antwortete ich brav und drehte gerade das Zöpfchen ein und befestigte das Knäul gut. „Und ich muss nur noch Transportgamaschen ran bammeln“, kam es von Michi und grinste mich an. Jaja, grins nur so blöd. Er war vor mir fertig… Na und? War das nun ein Wettlauf? Und wo blieb denn nur Elena mit den Transportgamaschen? Gerade als ich es erwähnt hatte, kam sie um die Ecke und klimperte kurz mit den Wimpern in die Richtung nach Michi und machte sich dann elegant an die Beine von dem Braunen. Somit konnten wir dann aufbrechen.

Nach einer langen Strecke, die wir hinter uns legten, kamen wir endlich in Redbird an. Pünktlich eine Stunde vor Prüfung beginn. Ich schaute mich um, ob ich jemand neues sah oder wieder nur die alten Gesichter. Aber nein. Es waren einige neue Gesichter dabei. Naja, aber nun mussten erst mal die Pferde versorgt werden und Elena musste so langsam ihren Walküre fertig machen, denn Elli ist nicht immer die Schnellste. Ich half ihr den Wallach fertig zu machen und gesellte mich dann später zu Maura, die bei May stand. Chaos zog Chaos an oder wie war das? Ich musste grinsen und lehnte mich erst einmal an den Zaun des Prüfungsplatzes. Denn noch liefen keine Prüfungen und so hatte ich Zeit meinen Blick durch die Gegend schweifen zu lassen. Mir fiel ein junger Kerl, ungefähr in meinem Alter, vielleicht auch älter, auf und verfolgte ihn förmlich mit meinem Blick. Neben ihn eine Quasselstrippe, jedenfalls würde ich es so nennen und erinnerte mich gleich an unsere Elli. Ich musste auch gleich grinsen und beobachtete die Beiden nun weiter. Das Mädchen, schätze ich mal auf Ellis Alter, labberte und labberte auf den etwas groß gewachsenen Typen ein, der aber recht wortkarg war. Na, bester Ausgleich, dachte ich und musste wieder Grinsen. Als die Beiden dann aber in meine Richtung kamen, bemerkte ich, dass der Typ mich anschaute. Ich lief rot an, wie eine Strauchtomate und schaute etwas verlegen zu Boden. Was fiel mir auch ein, ihn einfach anzustarren. Jedoch war er irgendwie anziehend auf mich. Sein Anblick bewegte etwas in mir, was ich zuvor nicht so gespürt hatte. Ich hörte eine hohe Mädchenstimme, die immer näher kam und schaute schließlich auf, um – noch mehr Farbe im Gesicht zu bekommen. Ich wusste zwar nicht, ob es noch eine Stufe von Rot gab, als eine Tomate, aber wenn es eine weitere Stufe gab, dann hatte ich sie nun erreicht. Denn als ich aufgeschaut hatte, schaute ich direkt in die Augen von dem Kerl. Er blieb zusammen mit der Quasselstrippe neben May stehen und sie begrüßte die Beiden. „Ach, Thomas, Yassi? Das sind Maura und Stacy von dem Ausbildungsstall Safira“, stellte sie uns den Beiden vor und ich schaute verlegen zu Boden, als er mich wieder anschaute. „Hallo, ihr Beiden!“, begrüßte Maura sie freundlich. „Autsch!“, fluchte ich auf und zog mechanisch den Fuß kurz hoch. Maura hatte mir tatsächlich auf den Fuß getreten! Entrüstet schaute ich sie an und meine Chefin machte eine unauffällige Geste zu Thomas und Yassi. Achso, ich sollte „Hallo“ sagen. Hatte ich das nicht schon? „Hi“, sagte ich kurz angebunden und lächelte verlegen. Dann begann auch schon die E- Dressur.

Elli ritt dann endlich in der 3.Abteilung mit ein und wir fieberten mit ihr mit. Leise kam mal von Amy ein Zischen, wie „Beine lang“ oder „Hand tief“. Aber sonst meisterte Elena das Ganze ganz gut, mal sehen ob die A eine Katastrophe wird oder ob die Beiden es schaffen, denn immer ganz auf einer Höhe, waren die Beiden nicht. Für die schöne Vorstellung platzierte sich Elli mit Walli auf den 3ten Platz. Ein guter Anfang. Nun folgte die erste A, der Beiden. Denn auch Walküre ist bis jetzt noch keine A-Dressur gegangen. Mal sehen, wie die Beiden sich zusammen anstellen. Und siehe da, Walküre zeigte seine Gelassenheit vorbildlich und Elena machte eine gute Figur. Denn man sah ihr an, dass die Kleine aufregend war und am liebsten zerplatzten würde. Als sie dann auch noch den 4ten Platz machte, war es um Elena geschehen und sie umarmte ihren Braunen. Der sich die Schleife anstecken ließ und dann seine Runden hinter den Anderen her galoppierte. Auf dem Abreiteplatz war es natürlich klar, dass wir sie mit Glückwünschen empfingen und sie liebevoll sich nochmals um den Wallach schlang und sich bedankte. Nachdem auch dieser wieder brav neben Dragon stand, entschlossen wir, noch ein paar Prüfungen anzusehen, bevor wir Amy halfen Dragon für die Grand Prix de Dressage und Grand Prix Kür fertig zu machen. Ich muss ja sagen, so wirklich konnte ich mich noch nicht für Dressur begeistern.

Wenig später waren wir dann gemeinsam dabei Dragon fertig zu machen. Amy wollte gerade aufsteigen und den PRE warmreiten, jedoch wurde daraus nichts. Denn was wäre, wenn Elli sich auch nicht wieder wehtun würde. Die junge Dame hatte sich an der kleinen Sattelkammer am Hänger den Kopf gestoßen und hatte nun auch noch eine Platzwunde. „Stac? Kannst du Drag bitte für mich erst einmal warm reiten? Ich bringe Elena eben zu den Sanis…“ Ich? Warum denn ich? Maura kann doch auch? Ich nickte nur stumm und schaute den Wallach an. Der Braune beäugte mich erst aufmerksam, bevor er mich kräftig an stupste und mich beinahe umwarf. „He! Nicht so!“, schimpfte ich und schaute noch mal sehnsüchtig Amy und Elena hinterher. Das ist Amys Aufgabe, ihr Pferd, ihre Prüfung. Ich hab den PRE noch nie im Leben geritten – wie sollte ich ihn den Abreiten? Ich ritt gerade mal bis L, einzelne Lektionen aus M, aber doch kein Grand Prix! Entsetzt suchte ich nach Maura, doch diese lächelte mich nur aufmunternd an und klopfte mir auf die Schulter. „Viel Spaß. Wenn du uns brauchst, wir stehen am Rand.“ Damit war sie verschwunden und ich stand alleine mit dem 1cm größeren Wallach. „Ich hoffe du benimmst dich!“, warnte ich den Braunen vor und schwang mich vorsichtig in den Sattel.

Dragon hatte raumgreifende Schritte, die uns schnell zum Abreitplatz drucken. Vielleicht auch zu schnell, als ich wollte? Denn als ich auf den Abreiteplatz geritten war, sah ich auch direkt in das Gesicht, was mein Herz schneller schlugen ließ. Ach Herrgott! Er war Dressurreiter! Ich lief wieder einmal rot an und spielte leicht verunsichert mit den Zügeln. Denn ich wusste nicht, was ich sagen oder machen sollte. Es schüchterte mich ein, dass er so gut ritt und ich immer noch bei L stehen geblieben bin. Ich bin eben eine Springreiterin. Ob das überhaupt mit einem Dressurreiter klappte? Was machte ich mir denn da so ein Kopf? Ich hatte nie wirklich was mit Kerlen am Hut… Und außerdem hatte er doch diese Quasselstrippe zur Seite oder doch nicht? Gedankenversunken ritt ich im Schritt auf dem PRE durch die Gegend, bis ich unsanft aus meinen Gedanken gerissen werde. „Hey! Pass doch auf!“, wurde ich angeblafft und ich wollte schon zurück blaffen, ließ es aber schnell sein, als ich sah, wer es war. Er. „Entschuldige“, stammelte ich etwas verlegen und eingeschüchtert zurück. Dann fiel mir sein Friese auf. „Schönes Pferd“, sagte ich und hätte mich am liebsten selbst erwürgt. Schönes Pferd? Was labber ich denn da? Jetzt muss er denken, dass ich vollkommen bekloppt sein muss! Aber stattdessen kam ein freundliches und zurückhaltendes „Danke“. „Reitest du gleich die Grand Prix –Prüfung?“, fragte ich etwas karg und könnte mich noch tiefer in den Boden schämen, als ich es schon tat. „Beide.“ „Oh, dann viel Glück“, erwiderte ich und schenkte ihm ein schräges Lächeln. „Danke. Und du?“ „Ich? Ich… Ich reite nichts. Ich bin keine gute Dressurreiterin. Eher die Springreiterin. Ich reite nur für Amy Dragon warm“, murmelte ich vor mich her und strich dem Wallach über den Mähnenkamm, ohne dabei die Zöpfe zu zerstören. „Achso. Naja, ich muss ihn nun weiter aufwärmen. Man sieht sich bestimmt nochmal“, sagte Thomas – ich hatte den Namen doch noch nicht vergessen, wie denn auch? – und trabte dann den Friesen an. Auch ich sollte mich so langsam an den Trab machen. Nach 20 Minuten, als ich gerade am Galoppieren war, kam Amy wieder und nahm mir Dragon ab. Amy war echt eine begehrenswerte Reiterin und ihre beiden Prüfungen liefen nicht gerade so schlecht. Aber ich hatte sie ja nicht nur im Blick sondern Thomas auch. Dieser lag zuerst in der 1.Abteilung des Grand Prix de Dressage auf den 2ten Platz mit dem Friesen und Amy mit Dragon auf den 8ten. Später in der Grand Prix Kür erlangte Amy nach einer wunderbaren Vorstellung den 2ten Platz und Thomas mit dem Friesen den 5ten.

Wir blieben noch eine Weile und unterhielten uns auch mit der Gestütsbesitzerin von Redbird, Leonie mit der Wintermeute und vielen anderen. Dabei ließ ich aber ja nicht den Thomas aus den Augen – ich nahm ihn auch mit seiner Quasselstrippe in Kauf. Also, es war noch eine gute Stimmung bevor wir aufbrachen und den langen Heimweg antraten.